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Freitag, 6. Juni 2014

Ungeliebt





Als der Anruf besorgter Eltern am Morgen bei der New Yorker Polizei einging hatten die Beamten noch keine Ahnung, was sie erwarten würde, wenn sie die Wohnung der Tochter aus gutem Hause aufsuchen.
Da Joleen zu ihren Eltern ein sehr gutes Verhältnis hatte, war es üblich, daß sie alle zwei Tage zu Hause anrief oder auch persönlich auf der Matte stand, um die neuesten Ereignisse mit ihren Eltern zu besprechen oder sich einfach einen schönen Tag zusammen zu machen.
Daher machten sich ihre Eltern nun Sorgen, da sie von ihrer Tochter schon über eine Woche kein Lebenszeichen mehr erhalten haben.
Wenn sie anriefen, nahm niemand den Hörer ab und auch die unzähligen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter blieben unbeantwortet.
Selbst persönliches Vorbeikommen machte keinen Sinn, denn auch die Tür wurde nie geöffnet.
So hatten ihre Eltern schweren Herzens nun die Polizei informiert und um Hilfe gebeten.
Als die Beamten nun mit der Vermieterin vor der Tür Joleens standen, ahnten sie bereits, daß sie den Eltern keine guten Nachrichten überbringen würden, denn ein deutlicher Geruch der Verwesung war schon im Flur zu vernehmen.
Daher ließen sie sich nur die Tür aufschließen und baten die Vermieterin Abstand zu halten.
Im Badezimmer bot sich den jungen Männern dann ein wirklich übles Bild.
Die übergewichtige junge Frau lag mit aufgeschnittenen Pulsadern in ihrer Badewanne.
Für sie kam jede Hilfe zu spät.
Auf dem Boden neben der Wanne lag ihr aufgeschlagenes Tagebuch, dessen letzter Eintrag unter dem vielen, herunter getropften Blut gerade noch zu erkennen war.

„ Es tut mir Leid, aber ich kann nicht mehr.
Lange hatte ich die Hoffnung gehegt, daß auch ich irgendwann so geliebt werden könnte, wie ich bin und nicht ständig auf meinen Körper reduziert werde.
Ich bin genauso ein Mensch, wie alle anderen auch und auch ich habe Gefühle.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem mein Herz die Qualen nicht mehr ertragen kann.
Daher werde ich diese Welt nun verlassen und darauf hoffen, daß ich in meinem nächsten Leben mehr Glück finde.
Mama und Papa,
für Euch tut es mir am Meisten Leid, denn Eure grenzenlose Liebe hat mir leider nicht ausgereicht um all die Enttäuschungen in meinem Leben ertragen zu können.
Ich liebe Euch.
Bitte verzeiht mir, daß ich Euch jetzt diesen Schmerz zufügen muß. “

Da es sich offensichtlich um einen Selbstmord handelte, bei dem Joleen ihr Leben ließ, war eine Autopsie nicht von Nöten, aber dennoch mußte geklärt werden, wie es überhaupt zu dieser Handlung kam.
Da bot natürlich das Tagebuch der jungen Frau den besten Anhaltspunkt, um darin nach Hinweisen zu suchen.
Natürlich wurde auch ihre Wohnung auf den Kopf gestellt und dabei fanden sich noch unzählige solcher Bücher, die ihren Anfang in Joleens frühester Kindheit fanden.
Geboren in nicht gerade ärmlichen Verhältnissen, ist Joleen sehr behütet aufgewachsen.
Sehr früh zeigten sich bei ihr schon die ersten Symptome der Fettleibigkeit, die sie in den Genen zu haben schien, denn zu viel gegessen hat sie nie.
Darauf hatte ihre Mutter immer sehr geachtet, denn gesundes Essen war ihr sehr wichtig.
So wurde das Mädchen von den Ärzten zu Kuren und in Diät Programme geschickt, die aber alle nur begrenzt Wirkung zeigten.
Wie das so ist haben die Eltern natürlich nicht alles unter Kontrolle und so hat sich Joleen dann aus Frust über das nicht Fruchten der ganzen Behandlungsversuche mit Süßigkeiten die kleinen Erfolge wieder doppelt auf die Hüften gehaun.
Dazu kam dann auch noch, daß nicht nur die Mißerfolge sehr stark an dem jungen Mädchen nagten.
Kinder untereinander können sehr grausam sein und so hat Joleen auch das schon sehr früh zu spüren bekommen.
Wirkliche Freunde hat sie nie gehabt.
Einige Mädchen aus ihrer Klasse haben sich zwar mit ihr abgegeben, aber auch nur, weil sie neben dem dicklichen Mädchen einfach besser aussahen.
Dann nämlich fielen ihre eigenen Unzulänglichkeiten nicht so sehr ins Gewicht.
Und immer dann wenn Jungs ins Spiel kamen, war Joleen sowieso abgeschrieben.
Da konnte sie machen was sie wollte.
Ihr wirklich hübsches Gesicht konnte die Minuspunkte ihres Körpers einfach nicht aufwerten.
Die Jungs interessierten sich kein Bißchen für sie.
So war Joleen immer einsam, selbst wenn sie sich unter ihren sogenannten Freunden befand.
Keiner hat ihr jemals das Gefühl vermittelt irgendwo auch nur ansatzweise dazu zu gehören.
Immer fühlte sie sich wie eine nur geduldete Aussätzige.

Auch in der Oberstufe sollte sich daran für Joleen nichts ändern.
Da ging es dann in Discotheken und natürlich durfte Joleen nicht fehlen, aber nicht weil sie inzwischen beliebt geworden wäre.
Nein, Joleen verfügte über ein ansehnliches Taschengeld, welches sie dazu nutzte, um die Freunde einzuladen, weil sie sich erhoffte damit endlich Akzeptanz zu erhalten.
Und dann war da auch noch dieser Junge aus dem Football Team, Sean, in den sie sich unsterblich verliebt hatte.
Natürlich hatte sie keine Chance bei ihm, aber trotzdem mußte sie versuchten so oft sie konnte in seiner Nähe zu sein.
Das ging am Besten, wenn sie überall dabei war, wo er sich aufhielt und so war es von Nöten, daß sie sich eben in die Gruppe einkaufte.
Aber niemand schenkte ihr die Beachtung, die sie sich so sehr wünschte, auch nicht Sean.
So mußte sie sich auch durch die Oberschule quälen, ohne jemals die Erfahrungen machen zu können, die alle anderen Mädchen in ihrem Alter schon lange hinter sich gebracht haben.
Nicht einmal einen Kuß hatte sie bis zu ihrem Abschluß erhaschen können.
Zum Abschlußball keine Einladung zu bekommen war ein weiter Schlag mitten ins Gesicht, den sie ebenfalls hinnahm und sich immer noch Mut zu redete, daß auch sie eines Tages das Glück haben würde, daß sie einen Mann trifft, der sie wirklich lieben könnte.
Den mußte es einfach auch für sie geben.

10 Jahre waren vergangen, als bei Joleen die Einladung zum Klassentreffen ins Haus trudelte.
In ihrem Leben hatte sich immer noch nichts getan, was Männer betrifft.
Gut inzwischen hatte sie es doch tatsächlich geschafft, ab und zu mal jemanden zu finden, der mit ihr ausging, aber weiter als bis zu einem Mal Essen gehen und dann vor der Tür eine hastige Verabschiedung mit einem „ ich ruf dich an “, wobei niemals Anrufe danach bei ihr eingingen, ist es nie gekommen.
Warum Joleen den Entschluß faßte ihren alten Schulkameraden noch einmal eine Chance zu geben, könnte wohl niemand verstehen, aber sie dachte sich wohl, daß die Leute inzwischen Erwachsen sind und alles anders sein würde.
Bei dem Treffen ist ihr auch Sean wieder über den Weg gelaufen und sofort waren all ihre Gefühle für ihn wieder da.
Er sah noch viel anziehender als zu Schulzeiten aus.
Plötzlich stand er direkt vor ihr und brachte es doch tatsächlich übers Herz mit ihr zu sprechen, was er früher nie getan hat.
Er sah sie und hatte wirklich das Bedürfnis mit ihr eine Unterhaltung zu führen.
Joleen konnte ihr Glück gar nicht fassen.
Es sollte ein wundervoller Abend werden.
Die Beiden unterhielten sich angeregt, als ob es nie anders zwischen ihnen gewesen wäre und dann flüsterte er ihr zu, daß er mit ihr zusammen einen Spaziergang machen wollte.
Zusammen verließen sie frühzeitig die Feierlichkeiten und fanden sich später in seiner Wohnung wieder.
Als er sie nach einem weiteren sehr langen Gespräch sanft küßte, sprang Joleen das Herz beinahe aus der Brust.
Sie war so dankbar auch endlich erleben zu dürfen, was sie sich schon so lange ersehnte, daß sie ohne darüber nachzudenken alles mit sich machen ließ, was Sean an diesem Abend einfiel.
So landete sie mit dem Mann ihrer Träume im Bett und ließ sich nach allen Regeln der Kunst von ihm beglücken.
Joleen war so glücklich als sie am Morgen neben ihm aufwachte.
Dieses Gefühl hielt aber nur so lange an, bis er die Augen öffnete.
Er schaute sie mit einem Ekel im Blick an, schubste die junge Frau aus seinem Bett und brüllte sie an, daß sie sofort verschwinden soll, denn sie wäre widerlich.
Mit Tränen in den Augen, fragte sie mit zitternder Stimme, was denn passiert sei ?
Am Abend habe er sie noch geliebt und nun das.
Darauf meinte er nur, daß er sie nur gevögelt hätte, weil er mit seinen Kumpels darum gewettet hat, ob er es schaffen könnte die fette Sau ins Bett zu bekommen, die ihm schon seit Kindheitstagen immer sabbernd hinterher lief.
Und da er ans Ziel gekommen ist, was ihm sicherlich keinen Spaß gemacht habe, denn sowas Widerliches wie sie könne man sich eigentlich nur mit einer Kotztüte antun, kann sie nun auch endlich verschwinden.

Diese Demütigung sollte aber nicht das Ereignis sein, welches bei Joleen das Faß zum Überlaufen brachte.
Einige Tage nach diesem ernüchternden Erlebnis bekam sie plötzlich E-Mails von Bekannten, die sie zu ihrer Meisterleistung beglückwünschten und reichlich Mails von Männern, die sie mit Fragen bombardierten, was sie denn wohl nehmen würde, um so eine Nacht mit ihnen zu verbringen.
Joleen wußte gar nicht wie ihr geschah.
Nach einigen Anrufen bei den Leuten, dessen Namen sie kannte, konnte sie herausfinden, wovon alle sprachen und was passiert war.
Sean hatte ihre sexuellen Aktivitäten aufgezeichnet und für alle Welt sichtbar ins Internet gestellt.
Unter der Überschrift:
Saugeiler Schweinkram, war dieses Video über Nacht zum meist geklickten Hit geworden.

Die Polizeibeamten wußten nicht, wie sie den Eltern von Joleen diese schrecklichen Ereignisse, die zum tragischen Selbstmord ihrer Tochter führten, schonend beibringen sollten.
Da wäre wohl jedes Wort fehl am Platze gewesen.
Daher händigten sie nach Abschluß der Untersuchungen die Tagebücher an die verzweifelten Eltern aus, damit sie selbst durch die Worte ihrer geliebten Joleen erfahren sollten, warum die junge Frau nicht mehr leben wollte.

Auch, wenn man das Handeln von Sean indirekt schon fast als Mord an Joleen bezeichnen könnte, denn schließlich war es letztendlich er, der sie in den Selbstmord trieb, konnte man ihn trotzdem nicht dafür zur Rechenschaft ziehen.






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